Klimaneutral bis 2038

Tag: Produkte Verantwortung
Veröffentlicht am: 26.07.2022

Die europäische Zementindustrie will bis zum Jahr 2050 klimaneutral sein, die österreichische bis 2040. Das Leube Zementwerk möchte dieses Ziel bereits 2038 erreicht haben, anlässlich seines 200-jährigen Firmenjubiläums.

Die Entscheidung, sich die Latte noch etwas höher zu legen, ist auch vom Selbstverständnis des Unternehmens getragen: Das Verantwortungsbewusstsein gegenüber Mensch und Umwelt war immer schon zentraler Bestandteil der Leube DNA. Das manifestiert sich unter anderem in den seit Jahren geringsten Kohlendioxid-Emissionen weltweit, in Millioneninvestitionen in saubere Technologien, jährlich neu und verbindlich mit dem Bürgerbeirat Gartenau festgelegten Emissionsgrenzwerten, die sogar den Kriterien eines Luftkurorts gerecht würden, der ausschließlichen Verwendung von Ökostrom oder kommunalen Fernwärmeprojekten. Mit dem GreenTech Programm für signifikant CO2-reduzierte Zemente und Betonprodukte hat Leube einen weiteren Meilenstein in Richtung Klimaneutralität gesetzt. Nun geht es darum – auch verstärkt über einen engen Schulterschluss mit der Wissenschaft –, bereits identifizierte neue Ansätze konsequent weiterzuentwickeln und sie schließlich kombiniert umzusetzen..

Innovationen und Paradigmenwechsel

Ein Anknüpfungspunkt ist der Klinker – wichtigster Rohstoff in der Zementproduktion und gleichzeitig ihr größter Kohlendioxid-Emittent. Nachdem diese Emissionen im Brennvorgang durch die Entsäuerung des natürlichen Gesteins entstehen, lässt sich darauf technologisch kein Einfluss nehmen. Die einzige Möglichkeit zur CO2-Reduktion besteht deshalb darin, den Klinkeranteil zumindest so weit wie möglich durch Alternativstoffe zu ersetzen. Dafür bieten sich etwa kalzinierte Tone an. Studien gehen von einer möglichen Kohlendioxid- Reduktion von 30 bis 65 Prozent aus, abhängig von den geforderten Betoneigenschaften. In Folge könnte auch die Brenntemperatur im Herstellungsprozess von Zement gesenkt werden, was eine zusätzliche Einsparung von Emissionen bei gleichzeitig geringerem Energiebedarf brächte.1

Ein weiterer Ansatz besteht im Einsatz von hochfesten Betonen, an deren Optimierung und Weiterentwicklung intensiv geforscht wird. Mit ihnen lassen sich Bauwerke und Betonprodukte mit schlankeren Bauteilen realisieren – bei gleichzeitig verbesserten funktionalen Eigenschaften. So öffnet sich nicht nur bei konventionellen Bauweisen die Tür für die CO2-Einsparung über eine Verringerung des Betonanteils. Vielmehr wird hochfester Beton auch zum Hochleistungsbaustoff für die Bionik, die mit ihren neuen und an den Konstruktionsprinzipien aus der Natur angelehnten Konzepten innovative Lösungen für ein nachhaltiges Bauen entwickelt. Dabei spielt auch die Umsetzbarkeit von organischen, teils filigranen Geometrien eine Rolle – mit entsprechend hohen Anforderungen an den Beton. Hier werden die funktionalen Eigenschaften von Zement und Beton Hand in Hand mit neuen, hochpräzisen bautechnischen Verfahren gehen. Die vollautomatische Produktion von Betonteilen über einen 3D-Drucker in Kombination mit digitalen Planungs- und Steuerungsverfahren ist in diesem Zusammenhang durchaus vorstellbar. Was in Summe einen optimierten Einsatz sämtlicher Ressourcen zur Folge hätte, im Bauprozess ebenso wie in der Nutzung.

Nicht um die Vermeidung, sondern um die produktive Nutzung von Kohlendioxid geht es bei „Carbon2ProductAustria“. Dieses Pilotprojekt hat sich bis 2030 zum Ziel gesetzt, das in der Zementherstellung freigesetzte Kohlendioxid abzuscheiden und es über Pipelines anderen Produktionskreisläufen zuzuführen. Dort soll es als neuer Rohstoff verwertet werden, beispielsweise in der Kunststoffindustrie als hochwertiger Ersatz für Rohöl. Wenn diese Produkte am Ende ihrer Nutzungsdauer wieder als Alternativbrennstoffe ins Zementwerk zurückkommen, ließe sich damit ein geschlossener, klimaneutraler Prozesskreislauf erreichen.

Beton als Energie- und CO2-Speicher

In der ganzheitlichen Betrachtung von Zement und Beton sind zwei weitere Aspekte von Bedeutung. Zum einen muss in der Ökobilanz die „CO2-Senke Beton“ miteingerechnet werden: Über seinen Lebenszyklus hinweg bindet Beton wieder 43 Prozent der verursachten Emissionen.2 So zeigen Studien, dass Gebäude aus Beton unter der Berücksichtigung der CO2-Senke in etwa dieselbe Ökobilanz aufweisen wie solche aus Holz.3 In Verbindung mit der thermischen Bauteilaktivierung ist Beton sogar nachhaltiger, weil er, ähnlich einem Akku, thermische Energie in Form von Wärme und Kälte in den Gebäuden speichern kann. Die Bionik wird diese Möglichkeiten zur „natürlichen Energieeinspeisung“ noch verstärken.

"Zement und Beton haben in der Gesamtbetrachtung – und nach vollzogenem Technologiewandel – sogar das Potenzial, zu einem wichtigen ‚Game-Changer‘ beim Erreichen der Klimaziele zu werden."

Günter Waldl, Geschäftsbereichsleitung Technik

 

 

1 z.B.: Vereinigung des Österreichischen Zementindustrie (2021): Kolloquium. TU Graz (2016): TU Graz entwickelt umweltfreundlichen Ökobeton

2 Fengming Xi, Steven J. Davit et al.: Substantial global carbon uptake by cement carbonation. In: Nature Geoscience, Nov. 2016

3 E-L. Kurkinen, J. Norén, D. Penaloza, et al.: Energy and climate-efficient constructionsystems. Environmental assessment of various frame options for buildings in Brf. VIVA. SP, Rapport 2015/70 E. A. Renning, K. Presirud, L. Teilnes, et al.: Klimagassregnskap av treog betongkonstruksjoner. Arcon, Ostfoldforskning, Rapport OR.26.19. P. J. Sölkner, A. Oberhuber, S. Spaun, et al.: Innovative Gebäudekonzepte im ökologischen und ökonomischen Vergleich über den Lebenszyklus. BMVIT, Schriftenreihe 51/2014