Apotheker eröffnet erste Portland-Zementfabrik Deutschlands

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Veröffentlicht am: 11.05.2021

Gustav Ernst Leube wird in eine Zeit hinein geboren, als die industrielle Revolution auch in Deutschland volle Fahrt aufnimmt. In dieser Stimmung des Aufbruchs ist ihm seine komfortable Position als Apotheker nicht genug. Mit Forschergeist und einem guten Gespür für gesellschaftliche Entwicklungen legt er den Grundstein für die moderne Zementproduktion in Deutschland.

Im 19. Jahrhundert ist Apotheker ein Lehrberuf. Der 14-Jährige Gustav Ernst beginnt seine Lehrausbildung in Heidelberg und besucht ab dem dritten Lehrjahr an der dortigen Universität Vorlesungen über Chemie und Pharmazie. Nach bestandenem Examen kehrt er 1828 als Apothekergehilfe in die Apotheke seines Onkels Christoph Jacob Faulhaber (1772-1842) nach Ulm zurück.

Eine sichere Stelle

Bereits ein Jahr später geht Gustav Ernst nach Tübingen um seine „Staatsprüfung in der Apothekerkunst“ abzulegen. Dieses Staatsexamen in Pharmazie berechtigt ihn eine Apotheke zu leiten. Stattdessen entscheidet er sich 1830 seine Studien an der Bergakademie Freiberg in Sachsen in den Fächern Chemie und Mineralogie fortzusetzen. Als ihm sein kinderlos gebliebener Onkel Christoph Jacob Faulhaber 1832 anbietet, die Kron-Apotheke in Ulm zu leiten, nimmt er an.

Vom Apotheker zum Zementfabrikant

Sein Interesse für Chemie und Mineralogie lässt ihn aber nicht mehr los. In dieser Zeit ist in Deutschland grundsätzlich das Herstellungsverfahren von „Roman-Cement“ bekannt. Das technologische Wissen um die Gewinnung des notwendigen Kalkmergels für einen Portland-Zement jedoch nicht. Gustav Ernst unternimmt viele Exkursionen in seine schwäbische Heimat und erkennt bald den Nutzen von Albgestein zur Gewinnung des Kalkmergels. 1838 gründet er mit seinen Brüdern Wilhelm und Julius Leube das Zementunternehmen „Gebr. Leube“ in Ulm. 1839 wird die Anlage mit einem Brennofen und einem Stampfwerk mit zwei Mahlgängen in Betrieb genommen. Sie ist die erste Portland-Zementfabrik in Deutschland, da ihnen erstmals die fabrikmäßige Herstellung dieses neuen hochwertigen Zements gelingt. Der Kalkmergel wird aus dem Blautal auf der Schwäbischen Alb gewonnen.

Erster Apotheker mit Doktortitel

Im gleichen Jahr erhält Gustav Ernst aufgrund seiner „Beiträge zur Kunde des Jura- und Süßwasser-Kalkes, insbesondere der jüngsten Süßwasserkreide“ den Doktortitel in Philosophie und den Magister der Künste an der Philosophischen Fakultät der Universität Tübingen. Damit ist er der erste Apotheker in Baden-Württemberg, dem ein Doktortitel verliehen wird.

Der neue Baustoff überzeugt schnell

Anfangs muss der neue Zement erst in den Markt eingeführt werden, doch die Vorteile dieses Baustoffes überzeugen schnell. Bereits im Jahre 1843 liefern die „Gebrüder Leube“ den „Ulmer Zement“ bis nach Wien und später bis Prag. 1854 wird der Firma die Goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft vom König von Württemberg verliehen. 1855 erhalten die Gebrüder Leube bei der Gewerbeausstellung in Paris die Goldmedaille.

Expansion nach Österreich

1864 expandiert die Firma nach Österreich und übernimmt eine bestehende Zementfabrik mit Mergelsteinbrüchen in Gartenau. Dazu erwirbt Leube auch das Schloss Gartenau. Über die Jahre nimmt die Konkurrenz in Süddeutschland so stark zu, dass der Firmensitz nach Gartenau verlegt wird. Hier existiert die Firma bis heute als ältestes bestehendes Zementwerkunternehmen der Welt, das sich nach wie vor in Familienbesitz befindet.

Gustav Ernst Leubes Erbe

1881 verstirbt Gustav Ernst Leube, aber sein Erbe überdauert die Jahrhunderte. Anlässlich des 175-jährigen Firmenjubiläums wird 2013 die nach Plänen der Salzburger Architekten Christine und Horst Lechner angelegte „Baumspirale“ in St. Leonhard bei Salzburg eröffnet. Eine Büste vom Firmengründer steht auf einer einzelnen Säule in einem künstlich angelegten Teich, der von einer von 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie rund 200 Mitbesitzern gepflanzten Baumspirale umringt wird. Stein, Wasser und lebendige Bäume als Symbol für Stabilität, Wandel und Wachstum.

In den Jahren danach entsteht hier der Leube Skulpturenweg mit 5 begehbaren Skulpturen entlang des Treppelweges an der Königseeache.